Bern, 9. Oktober 2018. Ein schlechtes Verhältnis von Belastungen und Ressourcen am Arbeitsplatz kann die Gesundheit gefährden. Dieser Gefahr sind gemäss dem repräsentativen Job-Stress-Index 2018 27.1% der Erwerbstätigen in der Schweiz ausgesetzt. Damit hat sich der Anteil gestresster Personen gegenüber 2016 und 2015 erhöht.
Die vierte Erhebung des Job-Stress-Index zeigt die Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen, Stress und gesundheitlicher Beeinträchtigung auf. Das Stress-Monitoring ermittelt regelmässig drei Kennzahlen zum Ausmass von arbeitsbedingtem Stress und zu dessen Auswirkungen auf Gesundheit und Produktivität von Erwerbstätigen: den Job-Stress-Index, den Anteil Erschöpfter und das ökonomische Potenzial von Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in Bezug auf Stress.
Die Resultate der Erhebung 2018 zeigen u. a.:
- Stress: Rund jede vierte erwerbstätige Person (27.1 %; 2016: 25.4%, 2015: 22.5%) hat Stress, das heisst mehr Belastungen als Ressourcen am Arbeitsplatz.
- Erschöpfung: Der Anteil emotional erschöpfter Personen tendiert gegen 30%.
- Produktivitätsverluste: Stress kostet die Arbeitgebenden rund CHF 6.5 Mrd. pro Jahr.
- Alter: Jüngere Erwerbstätige weisen häufiger ein ungünstiges Verhältnis zwischen Belastungen und Ressourcen auf.
- Geschlecht: Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind marginal.
- Bildung: Eine höhere Bildung geht in der Tendenz mit weniger Belastungen und mehr Ressourcen einher.
Die detaillierten Ausführungen zu diesen Ergebnissen können Sie dem Faktenblatt Job-Stress-Index 2018 entnehmen.
Ressourcen sind entscheidender Faktor
Ressourcen ermöglichen es Erwerbstätigen, Belastungen zu bewältigen. Mit anderen Worten, wer bei zu hohen Belastungen zu wenig Ressourcen hat, kann gesundheitliche Probleme bekommen. Davon sind 2018 rund ein Viertel der Erwerbstätigen betroffen. Zwar verfügen 46.4% über ein ausgeglichenes Verhältnis, in diesem sensiblen Bereich kann jedoch jederzeit ein Ungleichgewicht entstehen. 26.5% der Erwerbstätigen verfügen über mehr Ressourcen als Belastungen.
Arbeitgebende verzichten auf Produktivität
Würde für alle Erwerbstätigen ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Ressourcen und Belastungen bestehen, könnten die Unternehmen ein ökonomisches Potenzial von rund CHF 6.5 Mrd. ausschöpfen. Dies entspricht etwa 1% des Bruttoinlandproduktes der Schweiz.
Verursacht werden diese Produktivitätsverluste durch den sogenannten Präsentismus (verminderte Arbeitsleistung aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen) und den Absentismus (Fehlzeiten). Interessanterweise wird der Absentismus häufiger thematisiert, obwohl der Präsentismus einen wesentlich höheren Anteil an den Produktivitätsverlusten ausmacht (3.3% Absentismus gegenüber 11.3% Präsentismus der Sollarbeitszeit).
Fokus Alter, Geschlecht und Bildung
Im Job-Stress-Index 2018 wurden drei Fokusbereiche vertieft angeschaut: Alter, Geschlecht und Bildung. In Bezug auf das Alter zeigte sich, dass jüngere Erwerbstätige häufiger einen ungünstigen Job-Stress-Index aufweisen. Dies zeigt sich auch in den gesundheitsbedingten Produktivitätsverlusten, die mit zunehmendem Alter abnehmen. Ältere Erwerbstätige (40- bis 65-Jährige) berichten über vorteilhaftere Arbeitsbedingungen, positive Arbeitseinstellungen und über weniger emotionale Erschöpfung.
Während die Geschlechterunterschiede beim Job-Stress-Index marginal sind, scheint sich Bildung positiv auf das Verhältnis von Belastungen und Ressourcen auszuwirken. So geht ein Abschluss an der Universität oder Fachhochschule in der Tendenz mit einem leicht tieferen Index-Wert einher. Dies ist vermutlich auf einen höheren Handlungsspielraum im Berufsalltag zurückzuführen.
«Stress verursacht nicht nur persönliches Leid für die Betroffenen, sondern auch hohe Kosten für die Unternehmen. Führungskräfte haben zwar keinen Einfluss auf private Stressfaktoren. Indem sie günstige Arbeitsbedingungen schaffen, können sie dennoch einen wesentlichen Beitrag zur Stressreduktion leisten», fasst Prof. Dr. Thomas Mattig, Direktor von Gesundheitsförderung Schweiz, die Bedeutung des Job-Stress-Index zusammen. «Diese Zusammenhänge sollten auch in der politischen Diskussion rund um die Flexibilisierung der Arbeitszeit beachtet werden.»
Der Job-Stress-Index 2018
Bereits zum vierten Mal veröffentlicht Gesundheitsförderung Schweiz den Job-Stress-Index als wissenschaftliche Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Bern und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Der Job-Stress-Index ist repräsentativ für die Schweizer Erwerbsbevölkerung. Im Frühjahr 2018 wurden 2‘946 Erwerbstätige zwischen 16 und 65 Jahren befragt. Die Befragung wurde mit dem Online-Instrument Friendly Work Space Job-Stress-Analysis durchgeführt.
Das Tool ist ein Online-Befragungsinstrument von Gesundheitsförderung Schweiz zur Analyse der Ressourcen und Belastungen sowie des momentanen Befindens der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz.
Weitere Informationen zum Job-Stress-Index und zur Erhebung 2018
Für weitere Auskünfte oder Fragen steht Ihnen die Medienstelle von Gesundheitsförderung Schweiz per E-Mail medien(at)gesundheitsfoerderung.ch oder unter der Telefonnummer 031 350 04 04 zur Verfügung.
Gesundheitsförderung Schweiz
Gesundheitsförderung Schweiz ist eine Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird. Mit gesetzlichem Auftrag initiiert, koordiniert und evaluiert sie Massnahmen zur Förderung der Gesundheit (Krankenversicherungsgesetz, Art. 19). Die Stiftung unterliegt der Kontrolle des Bundes. Oberstes Entscheidungsorgan ist der Stiftungsrat. Die Geschäftsstelle besteht aus Büros in Bern und Lausanne. Jede Person in der Schweiz leistet einen monatlichen Beitrag von 40 Rappen zugunsten von Gesundheitsförderung Schweiz, der von den Krankenversicherern eingezogen wird.