Chancengleichheit: den Einfluss sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheit ausgleichen

Bern, 18.01.2018. In Bezug auf Krankheiten sind wir nicht alle gleichgestellt: Sozioökonomische Faktoren wie Einkommen, Bildungsniveau oder Migrationshintergrund haben bedeutende Auswirkungen auf unsere Gesundheit. In der Schweiz besteht beispielsweise für Personen mit tieferem Einkommen ein sechsmal höheres Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Um gegen dieses Problem vorzugehen, räumen das Bundesamt für Gesundheit (BAG), Gesundheitsförderung Schweiz und die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und ‑direktoren (GDK) der Chancengleichheit im Jahr 2018 eine hohe Priorität im Rahmen der Nationalen Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD) ein. Die 19. Nationale Gesundheitsförderungs-Konferenz und die 4. NCD-Stakeholderkonferenz vom 18. Januar 2018 befassten sich mit diesem Thema.

Um das Ausmass des Phänomens besser abschätzen zu können, machte das BAG eine Bestandsaufnahme, indem es die vorhandenen Daten zusammentrug. Dabei zeigte sich der Einfluss sozioökonomischer Faktoren auf zahlreiche Krankheiten. So tritt Diabetes bei Menschen mit tieferem Bildungsniveau zweimal häufiger auf. Ausserdem besteht bei diesen Personen ein 2,3-mal höheres Risiko an Rückenschmerzen zu leiden, und 37 Prozent von ihnen haben Bluthochdruck. Bei den Personen mit höherem Bildungsniveau sind es 25 Prozent.

Auch unser Verhalten wird durch sozioökonomische Faktoren beeinflusst: In der Schweiz lebende Migrantinnen und Migranten verzichten sechsmal häufiger auf medizinische Leistungen als Einheimische. Personen mit höherem Einkommen und höherem Bildungsniveau bewegen sich öfter: 75 Prozent von ihnen sind mindestens einmal pro Woche körperlich aktiv, während es bei den Menschen mit tieferem Einkommen und tieferem Bildungsniveau lediglich 54 Prozent sind. Was die Ernährung angeht, essen 22 Prozent der Personen mit höherem Bildungsniveau genügend Früchte und Gemüse. Dem gegenüber sind es 15 Prozent bei den Menschen mit tieferem Bildungsniveau.

Massnahmen zur Förderung der Chancengleichheit

Die Bemühungen zur Förderung der Chancengleichheit konzentrierten sich bisher auf den Migrationsbereich. Interkulturelle Dolmetscherinnen und Dolmetscher ermöglichen beispielsweise die Verständigung zwischen Gesundheitsfachpersonen und Patientinnen und Patienten, die keine Landessprache sprechen. Letztere können auch die Plattform migesplus (migesplus.ch) des Schweizerischen Roten Kreuzes nutzen, die Informationsmaterial zur Gesundheit in zahlreichen Fremdsprachen bereitstellt.

Gesundheitsförderung Schweiz fördert die Chancengleichheit durch die Unterstützung mehrerer Projekte, die Teil von kantonalen Aktionsprogrammen sind. Im Rahmen des Projekts Vitalina suchen interkulturelle Vermittlerinnen und Vermittler Orte wie zum Beispiel Spielplätze auf, wo sozial benachteiligte Familien (Migranten/innen oder Alleinerziehende) mit Kleinkindern anzutreffen sind und beraten diese zum Thema Ernährung und Bewegung.

Nebst den Aktivitäten in den kantonalen Aktionsprogrammen waren acht Kantone im Rahmen des vom BAG finanzierten Programms «Migration und Gesundheit» aktiv. Vier Kantone realisierten Projekte zur Vernetzung des Gesundheits- und Integrationsbereichs (BS, JU, NE, SG), und vier Kantone entwickelten niederschwellige Angebote zur Förderung der Gesundheitskompetenz schwer erreichbarer Gruppen (OW, NW, FR, VS). So wurde im Kanton Obwalden zum Beispiel ein Generationentreff ins Leben gerufen.

Vermehrte Berücksichtigung von Einkommen und Bildungsniveau

Diese auf die Migration ausgerichteten Massnahmen führten zu ermutigenden Ergebnissen, sie müssen aber ausgebaut werden und weitere benachteiligte Bevölkerungsgruppen einbeziehen. Insbesondere das Einkommen und das Bildungsniveau sind vermehrt zu berücksichtigen. Daher sehen Gesundheitsförderung Schweiz, das BAG und die GDK vor, die Kriterien zur Auswahl neu zu unterstützender Projekte ab 2018 in diesem Sinne zu ergänzen. Zur Verstärkung der Chancengleichheit in den kantonalen Aktionsprogrammen werden auch Empfehlungen zuhanden der Kantone abgegeben. Schliesslich achtet Gesundheitsförderung Schweiz darauf, dass die von ihr finanziell unterstützten Präventionsprojekte in der Gesundheitsversorgung die benachteiligten Bevölkerungsgruppen einbeziehen.

Die Verantwortlichen für Präventionsprojekte und die Gesundheitsfachpersonen müssen eine wichtige Rolle im Bereich der Chancengleichheit spielen und den möglichen Einfluss sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheit vermehrt berücksichtigen. Das kann Massnahmen zur Schulung und Sensibilisierung der Fachpersonen sowie Anpassungen bei der medizinischen oder der sozialen Patientenbetreuung erfordern.

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