Einfache Sprache ist nicht Leichte Sprache

Mindestens 800’000 Menschen in der Schweiz haben Schwierigkeiten, komplizierte Texte zu lesen und zu verstehen. Für sie ist deshalb der Zugang zu vielen Informationen erschwert. In Einfacher Sprache verfasste Texte helfen diesen Menschen, sich zu informieren. Was genau ist aber Einfache Sprache und wie unterscheidet sie sich von Leichter Sprache?

Laut einer Studie aus dem Jahr 2003 hatten geschätzte 800'000 Personen in der gesamten Schweiz Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen von komplizierten Texten. Auch viele Personen aus den Zielgruppen der kantonalen Aktionsprogramme (KAP), seien es ältere Menschen, Kinder und Jugendliche oder ihre Eltern, profitieren von der Verwendung von «Einfacher Sprache». Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass die Akteure in den KAP wissen, welches die wichtigsten Regeln sind und wo sie bei Bedarf weitere Informationen finden.

Die Einfache Sprache ist eine Vereinfachung des Deutschen und besteht aus kürzeren Sätzen mit einfacheren Worten. Dabei sollen Fremdwörter vermieden oder aber erklärt werden. Die Länge des Texts soll übersichtlich bleiben. Mehrere kurze Sätze ersetzen verschachtelte Sätze mit vielen Nebensätzen. Vor allem aber verwendet die Einfache Sprache aktive Satzformulierungen.

Die Einfache Sprache richtet sich vor allem an:

  • Menschen mit Lese- und Schreibschwäche
  • Menschen, die alters- oder krankheitsbedingt in ihrer Lese- und Verständnisfähigkeit eingeschränkt sind (beispielsweise aufgrund einer Hirnverletzung oder Demenz, aber auch Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung)
  • Menschen mit geringen Deutschkenntnissen (beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund)
  • alle, die Mühe mit amtlichen Texten und Fachliteratur haben.

Dank einer Einfachen Sprache können Fachpersonen die breite Bevölkerung ansprechen und ihre Zielgruppen besser erreichen. Der Praxisleitfaden der Allianz Gesundheitskompetenz «Gesundheitskompetenz Verständlich informieren und beraten» weist darauf hin, dass Kommunikation und Informationsverarbeitung eng mit Gesundheit zusammenhängen. Texte in Einfacher Sprache erleichtern also nicht nur Zugang zu Informationen, sondern fördern auch die Gesundheitskompetenz. Um eine einfache Informationsvermittlung an die Zielgruppen sicherzustellen, unterstützt der Praxisleitfaden die Fachpersonen in ihrer Arbeit – sowohl in der schriftlichen Kommunikation als auch in der mündlichen Beratung. Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt als Mitglied der Allianz Gesundheitskompetenz die Förderung der im Leitfaden erwähnten Ansätze.

Die Leichte Sprache bildet die stärkste Form der sprachlichen Vereinfachung. Leichte Sprache besteht aus kurzen Sätzen mit Wörtern aus dem Grundwortschatz. Geschrieben wird nur ein Satz pro Zeile in grosser Schriftgrösse und mit grossem Zeilenabstand. Die Leichte Sprache richtet sich vor allem an Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung und grundsätzlich an alle, für die Einfache Sprache zu schwierig ist. Das Büro für Leichte Sprache in Zürich präsentiert in einem Zeitungsartikel im «Der Bund» 10 goldenen Regeln für die Verwendung der Leichten Sprache. Im Artikel finden sich interessante Hintergrundinformationen und Textbeispiele in Leichter Sprache.

Vier Schritte zum verständlichen Text:

1. Einfachheit

  • Einfach formulieren: Geläufige und anschauliche Wörter verwenden
  • Keine Fachsprache: Fachausdrücke und Abkürzungen vermeiden oder bei Bedarf erklären
  • Kurze Sätze: Ein Gedanken pro Satz – aus einem langen Satz mach lieber zwei, drei oder mehr!
  • Einfacher Satzbau: Keine Satzmonster mit Schachtel- und Klammersätzen
  • Richtig schreiben: Rechtschreibeprüfung einschalten und Duden konsultieren

Je einfacher, desto besser!

 2. Gliederung

  • Text logisch gliedern
  • Stimmiger und nachvollziehbarer Aufbau
  • Satzzeichen können Leben retten (Wir essen Opa. / Wir essen, Opa.)
  • Kurze Absätze und aussagekräftige Zwischentitel einfügen
  • Den roten Faden bis zum Schluss halten

Je übersichtlicher, desto besser!

3. Prägnanz

  • KISS: «Keep it short and simple»
  • Alles Notwendige vermitteln
  • Nicht abschweifen, Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden
  • Treffende Wörter verwenden: Dinge möglichst konkret und präzis benennen
  • Aktiv schreiben: Handelnde Akteure zum Subjekt des Satzes machen, Passivkonstruktionen vermeiden

So lang wie nötig, aber so kurz wie möglich!

4. Anregung

  • Beispiele und Vergleiche machen, damit sich der Leser ein Bild machen kann
  • Gefühle ansprechen, Emotionen wecken
  • Persönlich schreiben: Anekdoten und Erlebnisse einbauen
  • Treffende Zitate verwenden
  • Gute Fotos oder Grafiken

⇒ Dosiert einsetzen, nicht übertreiben!

Quelle: Careum Blog «Einfach texten lernen»

Links zu weiterführenden Informationen:

  • Neues Corona-Virus: Informationen in Leichter Sprache: Link
  • Büro Leichte Sprache Basel über «Einfache Sprache»: Link
  • Careum Blog: So schreiben Profis – Tipps für verständliche Texte: Link
  • Netzwerk Einfache Sprache (Deutschland): Link
  • Webseite Gesundheitsförderung Schweiz: Neue Publikation/Praxisleitfaden Gesundheitskompetenz – verständlich informieren und beraten mit zusätzlichen Informationen
  • Beispiel einer französischsprachigen Broschüre über Mundhygiene in Einfacher Sprache von Unisanté: Link
  • Texte auf Leseleichtigkeit testen auf leichtlesbar.ch: Link
  • Studie «Lesen und Rechnen im Alltag. Grundkompetenzen von Erwachsenen in der Schweiz» aus dem Jahr 2006 mit Hinweis auf «Adult Literacy & Lifeskills Survey» aus dem Jahr 2003: Link

Links zu Schreib- und Übersetzungshilfen im «Der Bund» vom 5.2.2020:

  • Fast perfekte Übersetzungen mit Deepl.com: Link
  • Aufnahmen transkribieren mit Trint.com: Link
  • Texte automatisch kürzen mit Resoomer.com: Link
  • Microsofts Simultanübersetzer «Skype Translator»: LInk
  • Leichter verständliche Texte mit Grammarly.com (bislang nur auf Englisch): Link
  • Korrektur und Stilberatung mit Languagetool.org: Link
  • Lesbarkeit auf dem Prüfstand mit Wortliga.de: Link
  • Plagiate aufspüren mit Plagscan.com: Link
  • Schreiben wie Shakespeare mit Iwl.me: Link